Der Name dieses Unternehmens wechselte in wenigen Jahren mehrfach. Es begann mit der „Königlichen Zechenbahn“ (1913), wechselte schon ein Jahr später mit der Inbetriebnahme des Rhein-Herne Kanals und des Bottroper Hafens auf „Königliche Hafenverwaltung in Gladbeck“ (1914) und firmierte dann zwischen 1920 und 1925 unter „Preußische Zechenbahn- und Hafenverwaltung“.
All die Jahre war die Bahn im Besitz des preußischen Staates, der ab 1902 im Großraum Recklinghausen Zechen und verarbeitenden Betrieben aufgekauft hatte, um die Versorgung des Heeres, der Marine und der Staatsbahn mit Kohle zu sichern. Verwaltet wurden die Schachtanlagen und Betriebe von Berginspektionen, die wiederum der Königlichen Bergwerksdirektion in Recklinghausen unterstellt waren [Tempel 2013b]. Aus diesem Konstrukt ging 1925 die Bergbau-Gesellschaft Recklinghausen hervor und aus der wiederum 1935 die Hibernia AG. [Leitsch 2011]
Ab dem 25. Februar 1910 waren die Schachtanlagen Möller, Rheinbaben, Bergmannsglück, Westerholt, Zweckel und Scholven durch eine durchgehende Zechenbahn miteinander verbunden. Um die Organisation des Bahnbetriebes zu vereinfachen wurde der Betrieb auf der Bahn kurze Zeit später (1913) mitsamt dem Fuhrpark der anliegenden Zechen in der Königlichen Zechenbahn zusammengefasst.
1914 verband das 103 km lange Betriebsnetz sechs Schachtanlagen, fünf Kokereien, vier Zechenziegeleien, drei Übergabebahnhöfe und einen Hafen. Es standen 22 Lokomotiven und 200 Wagen zur Verfügung. [Tempel 2013]
Der Fahrzeugpark
Bei ihrer Gründung 1913 übernahm die Königliche Zechenbahn die bei den Berginspektionen 2 (Möller und Rheinbaben), 3 (Bergmannsglück und Westerholt) und 5 (Zweckel und Scholven) vorhandenen Lokomotiven. Von 19 Loks ist die Identität bekannt, bei zweien leider nicht. Ob diese Loks auch Nummern nach dem neuen System getragen haben, ist nicht bekannt. Sicher ist aber, dass die erste direkt an das neue Bahnunternehmen gelieferte Lokomotive (Hoh 3121/1913, Crefeld) die Bezeichnung „K.B.D. Recklinghausen 22“ erhielt. [Tempel 2013b]
Im Zeitraum von 1913 bis 1925 wurden insgesamt elf Lokomotiven geliefert, die den Nummernblock von 22 bis 32 belegten. Mit den von den Zechen übernommenen Lokomotiven ergab sich so ein recht buntes Bild.
Für 1918 ist der Lokbestand aus einer Denkschrift bekannt [Denkschrift 1918]. Demnach wurden eingesetzt:
- 2x Bfl
- 1x Bn2t
- 17x Cn2t
- 2x Dn2t mit Siederohrkessel
- 2x Eh2t mit Wasserrohrkessel
Interessant ist, dass die Zechenbahn die Lokomotiven nach ihrer Leistung in einzelne Gattungen (T 3, T 4, T 5, T 6) einteilte. Die Lokomotiven trugen am Führerhaus Schilder mit den Gattungsbezeichnungen. Die erste Verwendung dieser Schilder ist in einem Fabrikbild der Lok 24 für 1915 belegt.
Da in keiner der bisher vorliegenden Veröffentlichungen eine komplette Liste der Lokomotivlieferungen von 1913 bis 1925 bereitgestellt wird, versuche ich mal die Daten zusammen zu führen – zu den Loks Nummer 26 und 29 liegen leider keine Informationen vor:
? Hoh 1282 / 1900, 200 PS, Bn2t [Tempel 2013b]
1913 ex Gewerkschaft ver. Gladbeck, „I“; Einsatzort Möller
? Han 3990 / 1902, pr. T 7, Cn2t [Tempel 2013b]
1913 ex Gewerkschaft ver. Gladbeck, „II“
? Han 4158 / 1903, pr. T 7, Cn2t [Tempel 2013b]
1913 ex Gewerkschaft ver. Gladbeck, „III“; Einsatzort Rheinbaben
? Hoh 1780 / 1905, „Crefeld“, Cn2t [Tempel 2013b]
1913 ex Berginspektion, „Bergmannsglück 1“; Einsatzort Westerholt
? Hoh 2136 / 1907, „Crefeld“, Cn2t [Tempel 2013b]
1913 ex Berginspektion, „Bergmannsglück 2“; Einsatzort Bergmannsglück
? Hoh 2229 / 1908, „Crefeld“, Cn2t [Tempel 2013b]
1913 ex Berginspektion, „Gladbeck 4“; Einsatzort Rheinbaben
? Hoh 2405 / 1909, „Crefeld“, Cn2t [Tempel 2013b]
1913 ex Berginspektion, „Bergmannsglück 3“; Einsatzort Westerholt
? Hoh 2408 / 1909, „Crefeld“, Cn2t [Tempel 2013b]
1913 ex Berginspektion, „Scholven 1“; Einsatzort Zweckel
? Hoh 2414 / 1909, „Crefeld“, Cn2t [Tempel 2013b]
1913 ex Berginspektion, „Zweckel 1“; Einsatzort Zweckel
? Hoh 2525 / 1910, „Crefeld“, Cn2t [Tempel 2013b]
1913 ex Berginspektion, „Bergmannsglück 4“; Einsatzort Bergmannsglück
? Hoh 2659 / 1908, „Crefeld“, Cn2t [Tempel 2013b]
1913 ex Berginspektion, „Gladbeck 5“; Einsatzort Möller
? Hoh 2663 / 1911, „Crefeld“, Cn2t [Tempel 2013b]
1913 ex Berginspektion, „Bergmannsglück 5“; Einsatzort Westerholt
? Hoh 2719 / 1911, „Crefeld“, Cn2t [Tempel 2013b]
1913 ex Berginspektion, „Gladbeck 6“; Einsatzort Westerholt
? Hoh 2735 / 1910, „Crefeld“, Cn2t [Tempel 2013b]
1913 ex Berginspektion, „Scholven 2“; Einsatzort Scholven
? Hoh 2881 / 1912, „Crefeld“, Cn2t [Tempel 2013b]
1913 ex Berginspektion, „Bergmannsglück 6“; Einsatzort Bergmannsglück
? Hoh 2898 / 1912, „Crefeld“, Cn2t [Tempel 2013b]
1913 ex Berginspektion, „Zweckel 2“; Einsatzort Zweckel
? Hoh 2954 / 1912, „Crefeld“, Cn2t [Tempel 2013b]
1913 ex Berginspektion, „Scholven 3“; Einsatzort Rheinbaben
? O&K 5082 / 1912, Bfl [Tempel 2013b]
1913 ex Berginspektion; Einsatzort Rheinbaben
? O&K 6099 / 1913, Cn2t [Tempel 2013b]
1913 ex Berginspektion; Einsatzort Möller
22 Hoh 3121 / 1913, „Crefeld“, Cn2t [Tempel 2013]
1913 neu ab Werk an Königliche Zechenbahn, Nr. 22 [Tempel 2013]
23 Hoh 3403 / 1915, „Hamborn“, Dn2t [Leitsch 2011]
06.1915 neu ab Werk an Königliche Hafenverwaltung in Gladbeck, Nr. 23 (T 5)
1925 Umzeichnung in 15 (T 5)
24 Hoh 3404 / 1915, „Hamborn“, Dn2t [Leitsch 2011]
1915 neu ab Werk an Königliche Hafenverwaltung in Gladbeck, Nr. 24 (T 5)
1925 Umzeichnung in 16 (T 5)
25 Hoh 4071 / 1920, „Orsoy“, Dn2t [Leitsch 2011]
1920 neu ab Werk an Preußische Zechenbahn- und Hafenverwaltung, Nr. 25 (T 5) [Merte 2020]
1925 Umzeichnung in 17 (T 5)
26 unbekannt
27 O&K 6254 / 1913, Eh2t (Stroomann-Kessel) [Leitsch 2011]
1913 22.07.1913 neu ab Werk an Königliche Zechenbahn [Tempel 2013b]
1920 Ersatzkessel O&K 9403 / 1920
1925 Umzeichnung in 22 (T 6)
28 O&K 6255 / 1913, Eh2t (Stroomann-Kessel) [Leitsch 2011]
1913 neu ab Werk an Versuchsanstalt der K.P.E.V. [Tempel 2013b]
danach an Königliche Zechenbahn [Tempel 2013b]
1920 Ersatzkessel O&K 9404 / 1920
1925 Umzeichnung in 23 (T 6)
29 unbekannt
30 Hoh 3527 / 1920, „Lintfort“, Eh2t [Leitsch 2011]
09.1920 neu ab Werk an Preuß. Zechenbahn- und Hafenverwaltung, Nr. 30 (T 6) [Merte 2020]
1925 Umzeichnung in 24 (T 6)
31 Hoh 3528 / 1920, „Lintfort“, Eh2t [Leitsch 2011]
1920 neu ab Werk an Preußische Zechenbahn- und Hafenverwaltung, Nr. 31 (T 6)
1925 Umzeichnung in 25 (T 6)
(32) Hoh 4548 / 1925, „Vochem“, Eh2t [Leitsch 2011]
12.1925 neu ab Werk an Preußische Zechenbahn- und Hafenverwaltung, wahrscheinlich trug sie direkt die Nr. 26 (T 6) [Merte 2020]
Literatur
Denkschrift 1918
Die bergfiskalische Zechenbahn im Vest Recklinghausen. Denkschrift. März 1918. Zitiert nach [Tempel 2013b, S. 26]
DSO-HiFo 2016
Seite „Vor 100 Jahren… in Gladbeck bei der Hafenbahn (1 FK – 1917)“. In: Drehscheibe online – Historisches Forum. URL: https://www.drehscheibe-online.de/foren/read.php?017,7741113 (Abgerufen: 24.04.2020, 19:38 UTC)
DSO-HiFo 2020
Seite „Vor 100 Jahren… ein schwerer Brocken der pr. Zechenbahn- und Hafenverwaltung“. In: Drehscheibe online – Historisches Forum. URL: https://www.drehscheibe-online.de/foren/read.php?017,9285432 (Abgerufen: 24.04.2020, 19:38 UTC)
Fiegenbaum, Hütter 2018
Fiegenbaum, Wolfgang; Hütter, Ingo: Schwere Brocken. Regelspurige E-Tenderlokomotiven. Band 3: Hartmann, Hohenzollern, Krauss (-Maffei), Grafenstaden und Borsig. Herdam, Quedlinburg 2018. – ISBN 978-3-933178-41-1
Merte 2020
Merte, Jens: Lokomotivfabriken in Deutschland. PDF. Stand: April 2020. Himmelpforten 2020
Tempel 2013
Tempel, Norbert: Zukunft ohne Kohle. Die hundertjährige Firmengeschichte der Zechenbahn- und Hafenbetriebe (ZuH). In: Eisenbahn Geschichte. Heft 58 (Juni/Juli) 2013, S. 10-21
Tempel 2013b
Tempel, Norbert: Kohle, Koks & Öl. Von der Königlichen Zechenbahn zur RBH Logistics GmbH. 100 Jahr RBH. Klartext, Essen 2013. – ISBN 978-3-8375-0593-1
Versionsgeschichte
Version 3.0 vom 15.08.2020
[Tempel 2013b] eingearbeitet
Version 2.0 vom 05.05.2020