Aus dem Feldbahnangebot des BV: Fuhrwerksbahnen

„Befindet sich zwischen einem Gute und der Chaussée, dem Walde und einem Kommunikations-Wege etc. eine Wegstrecke, die für gewöhnliche Fuhrwerke des schlechten Bodens halber nur sehr schwer passierbar ist, so wendet man neuerdings sehr häufig die sogenannte Fuhrwerksbahn an, welche eine Umladung der Fuhrwerke weder am Anfangs- noch am Endpunkte notwendig macht.“ Der Bildbeschreibung zufolge konnten 2 Pferde bei mässiger Steigerung 4 mit jeweils 75 Ctr. beladene Wagen ziehen.

Eine der vielen Spielarten im Bereich der Feldbahnen waren die Fuhrwerksbahnen. Auch hier bot der Bochumer Verein entsprechende Produkte an. Inwieweit sie tatsächlich an Interessenten verkauft werden konnten, ist nicht bekannt. Die einzigen mir vorliegenden Belege finden sich in den Firmenkatalogen des BV.  Mir sind zwei Kataloge bekannt, die wahrscheinlich 1873 und 1890 herausgegeben worden sind. In beiden findet sich die nachfolgende grundlegende Beschreibung des Systems, es ist daher davon auszugehen, dass das System in diesem Zeitraum angeboten wurde. In dem ca. 1890-1900 gedrucktem Exemplar findet sich dann sogar als Referenz der Hinweis auf eine ca. 12 Kilometer lange Anlage mit 60 Wagen in der Nähe von Berlin. Welche das ist, ist mir leider nicht bekannt.

Die Fuhrwerksbahn.

Befindet sich zwischen einem Gute und der Chaussée, dem Walde und einem Kommunikations-Wege etc. eine Wegstrecke, die für gewöhnliche Fuhrwerke des schlechten Bodens halber nur sehr schwer passierbar ist, so wendet man neuerdings sehr häufig die sogenannte Fuhrwerksbahn an, welche eine Umladung der Fuhrwerke weder am Anfangs- noch am Endpunkte notwendig macht. Hierzu werden gewöhnliche Feldbahnen benutzt, in Verbindung mit einer Belade- und einer Entlade-Vorrichtung, um die Acker- oder Holzwagen auf die kleinen Feldbahnwagen ohne Schwierigkeiten hinauf und wieder herabzubringen. Zur Aufnahme der ersteren erhalten die Feldbahnwagen Gabel-Aufsätze, wie Fig. 98 zeigt.

An denjenigen Stellen, an welchen eine Belade- oder Entladestelle dauernd bleibt, wendet man am besten eine feste Ladevorrichtung oder „Laufgrube“ an. Ändern sich die Belade- und Entladestellen indessen häufiger, so benutzt man eine transportable Ladevorrichtung.

Die feste Ladevorrichtung (Fig 97) besteht aus einer ausgemauerten, oder mit Holz ausgefütterten Grube von ca. 300 mm Tiefe, in welche von einer Seite eine schiefe Ebene mit einem Gleis führt. Zu beiden Seiten der Grube werden auf dem Mauer- oder Holzwerke Gleitschienen aus U-Eisen befestigt, um den Ackerwagen gleichmäßig über die Grube fahren zu können, in welche vorher zwei der kleinen Gleiswagen gebracht sind. Über diese wird der Landwagen nach der schiefen Ebene hin geschoben. Auf dieser steigen die kleinen Gleiswagen in die Höhe und werden so unter die Achsen des Landwagens gebracht, dass sie diese auffangen und höhersteigend den Landwagen vom Erdboden abheben, sodass die Räder desselben in der Luft schweben. Eine Befestigung der kleinen Wagen untereinander ist nicht erforderlich, da der Landwagen eine genügende Verbindung zwischen denselben bildet. In gleicher Weise werden mehrere Landwagen aufgeladen, und zu einem Zuge zusammengekuppelt. Bei einigermaßen ebenem Terrain sind zwei Pferde im Stande ohne Anstrengung 4 beladene Wagen auf der Bahn zu bewegen. Am Endpunkt der Bahn befindet sich ebenfalls eine Grube in welche sich das Gleis vermittelst einer schiefen Ebene hineinsenkt; während die Feldbahnwagen auf dieser herunter in die Grube fahren, senkt sich der Landwagen, und wird von den neben der Grube befindlichen Gleitschiene aufgefangen, sodass er wieder auf seinen eigenen Rädern steht. In gleicher Weise erfolgt die Entladung der nachfolgenden Ackerwagen.

Die transportable Ladevorrichtung (Fig. 98 und 99) besteht aus 3 je ca. 3 1/2 Meter langen Gleisrahmen mit verlängerten Schwellen. Auf den Enden der Schwellen sind Holzklötze angebracht, welche eiserne Fahrdielen tragen. Bei einem Rahmen liegen die Fahrdielen horizontal, und etwa 1/5 Meter über den Schwellen, während bei den anderen Rahmen die Fahrdielen schräg in die Höhe der horizontalen Fahrdielen steigen.

Das Aufladen der Landwagen auf die Feldbahnwagen geschieht hier in folgender Weise. Der Landwagen wird auf die schrägliegenden Fahrdielen hinaufgeschoben, und befindet sich jetzt so hoch über dem Gleis, dass die mit Gabeln versehenen Gleiswagen unter denselben geschoben werden können. Indem man nun ersteren über die Horizontale bewegt, und die schiefe Ebene hinablaufen lässt, fangen die Gabeln die Achsen des Landwagens auf, sodass wiederum die Räder desselben freischweben. Die Abladung von den Gleiswagen erfolgt in umgekehrter Weise.

Der große Vortheil dieser Einrichtung liegt darin, dass der Wagen ohne umgeladen zu werden weiterfahren kann. Mittelst des Schienengleises werden Strecken schlechten Weges leicht überwunden; auf der Chaussée fährt das Fuhrwerk ohne Bahnen weiter. Die Kosten der Einrichtung sind nicht erheblich, da außer dem Gleise nur eine Be- und Entladevorrichtung, sowie die Gabel-Aufsätze zu den Wagen nötig sind. Derartige von uns [Anm.: dem Bochumer Verein] ausgeführte Anlagen haben sich im praktischen Betriebe durchaus bewährt; eine Anlage von ca. 12 Kilometer mit 60 Wagen befindet sich in der Nähe von Berlin und wird gerne gezeigt.

Auch für den Transport einer kleinen Jagdgesellschaft konnte das System der Fuhrwerksbahnen genutzt werden.

 

Literatur

Bochumer Verein für Bergbau und Gussstahlfabrikation. Abtheilung: Feld-, Forst- und Industriebahnen aller Art. [Werbeschrift, Produktionskatalog]. ca. 1890-1900

Bochumer Verein für Bergbau und Gußstahlfabrikation. Zur Erinnerung an den westfälischen Städtetag in Bochum, Juni 1896. Bochum 1896