Die Werkstätten einer Bahngesellschaft sind üblicherweise historisch gewachsen. Sind sie erstmal gebaut, werden sie auch genutzt. Über ihre Bedeutung entscheidet, ob sie mit den wachsenden Anforderungen ausgebaut werden können oder ob sie – im wahrsten Sinne des Wortes – auf der Strecke bleiben.
Auch im Bereich der BME gab es zahlreiche Werkstätten, die mit dem Übergang zur KED Elberfeld in deren Besitz übergingen[1]. Unterscheiden muss man dabei zwischen den Betriebswerkstätten, die dazu dienten den laufenden Betrieb aufrecht zu erhalten und daher mit wenigen Reparaturständen und wenigen Beschäftigten auskamen, und den Hauptwerkstätten, in denen größere Reparaturen und Hauptreparaturen durchgeführt wurden.[2]
Die Hauptwerkstätten
Aber auch bei den Hauptwerkstätten gab es Größenunterschiede: Mit „nur“ 200 bis 400 Arbeitern relativ bescheiden waren die zentralen Werkstätten der alten Commissionsbezirke der BME. Sie gingen entweder auf die zentralen Werkstätten der Vorgängerbahnen zurück (Crefeld, Langenberg, Elberfeld) oder waren im Rahmen von Netzerweiterungen extra für die neuen Strecken errichtet worden (Siegen für die Ruhr-Sieg-Strecke und Arnsberg für die Obere Ruhrtalbahn).
Dem gegenüber mit zusammen rund 1.600 Arbeitern um ein Vielfaches größer war die 1863 errichtete Centralwerkstatt der BME in Witten, die nun sogar als zwei Hauptwerkstätten geführt wurde, je eine für die Wagen- und die Lokomotivreparatur.
Ein Sonderfall war die Hauptwerkstatt in Cassel, die gemeinschaftlich mit der KED Hannover genutzt wurde. Auch dies war historisch begründet: Die Vorgängerbahnen – die Kurfürst-Friedrich-Wilhelms-Nordbahn (später BME) und die Main-Weser-Eisenbahn – waren gemeinsame Eigentümer der Hauptwerkstätte. Dies änderte sich erst zum 1. April 1883, als mit entsprechender Verfügung die Hauptwerkstätte in den alleinigen Besitz der KED Hannover überging [Amtsbl. 1883]. Es ist davon auszugehen, dass aber danach auch weiterhin noch Fahrzeuge der KED Elberfeld in Cassel repariert wurden. Die Kosten für auszuführende Reparaturen wurden dann der Direktion in Rechnung gestellt.
Die Betriebswerkstätten
Neben den Hauptwerkstätten gab es auch 36 Betriebswerkstätten, die dazu dienten, den Betrieb aufrecht zu erhalten, also kleinere Reparaturen durchzuführen. Die Mitarbeiterzahl war daher weit kleiner als bei den Hauptwerkstätten und lag zwischen ca. 60 Personen (Hagen) und einer Person wie zum Beispiel in Obercassel oder Hümmer. Die meisten Betriebswerkstätten verfügten über ca. 15 Arbeiter. Die Betriebswerkstätten verteilten sich folgendermaßen auf die Betriebsamtsbezirke:
- Betriebsamtsbezirk Aachen:
Aachen-Marschiertor (nur für Personenwagen-Rep.), Aachen-Templerbend, M.Gladbach, Homberg, Neuß, Obercassel (nur für Wagendecken-Rep.) - Betriebsamtsbezirk Düsseldorf:
Düsseldorf, Deutz, Barmen-Rittershausen, Vohwinkel, Mülheim a. Rhein, Kupferdreh, Elberfeld-Steinbeck - Betriebsamtsbezirk Hagen:
Hagen, Hattingen (nur für Güterwagen-Rep.), Schwerte, Holzwickede, Hamm, Soest - Betriebsamtsbezirk Essen:
Dortmund, Langendreer, Bochum I, Bochum II (nur für Güterwagen-Rep.), Steele, Essen, Mülheim a.d. Ruhr, Duisburg, Ruhrort, Oberhausen - Betriebsamtsbezirk Cassel (BM):
Bestwig, Scherfede, Cassel, Bebra, Gerstungen, Hümmer - Betriebsamtsbezirk Altena:
Altenhundem
Organisation der Werkstätten-Verwaltung
Die oberste Aufsicht über den gesamten Werkstättenbereich im gesamten Direktionsbezirk hatte die Abteilung III in der Eisenbahndirektion. Ihr zur Seite standen das Maschinentechnische und das Materialien-Büro der Direktion Elberfeld, die von Eisenbahn-Maschinen-Inspektoren geleitet wurden.
Hauptwerkstätten
Die Leitung der Hauptwerkstätten oblag den jeweiligen Vorständen, die ebenfalls den Dienstgrad eines Eisenbahn-Maschinen-Inspektors inne hatten. Zu ihrer Assistenz und Vertretung waren Regierungs-Maschinenmeister oder Werkstättenvorsteher vorgesehen.
Mit der Übernahme durch die KED Elberfeld wurden wohl als nächste Ebene Werkstatt-Werkmeister installiert. Sie sollten innerhalb kleinerer Abteilungen die Ausführung der Arbeiten koordinieren und überwachen. Ebenso oblag Ihnen die die Aufsicht über das Inventar und den Materialien.
Unterstützt wurden die Werkmeister von Vorarbeitern bzw. Vormännern, die insbesondere auf eine ordnungsgemäße Verbuchung der Arbeitsleistungen und Materialverwendungen zu achten hatten.
Bei den Werkstättenarbeitern kamen dann alle Handwerksberufe vor, die bei der Aufarbeitung von Wagen und Lokomotiven benötigt wurden: Schlosser, Schmiede, Kesselschmiede, Kupferschmiede, Dreher, Hobeler und Bohrer, Gelbgießer, Anstreicher und Lackierer, Klempner, Schreiner, Sattler, Schneider, Maurer. Hinzu kamen noch Handwerkslehrlinge und Handarbeiter.
Als weitere Berufe kamen in den Werkstätten noch Dampfkesselheizer, Portiers und Nachtwächter hinzu.
Viele der Beschäftigten im „höheren Dienst“ waren im Beamtenverhältnis angestellt. Je weiter sich der Dienstgrad der tatsächlichen Arbeit nähert, desto wahrscheinlicher waren Lohnverhältnisse, Tagelohn und Akkordarbeit.
Betriebswerkstätten
Die meisten Betriebswerkstätten wurden von Betriebs-Werkmeistern geleitet, die auch gleichzeitig die Aufsicht über den Lokomotivdienst innehatten. Bei besonders kleinen Werkstätten kam es auch vor, dass die Werkstattarbeiter einem Wagenmeister oder auch dem Stationsvorsteher zugeordnet waren.
Literatur
Amtsbl. 1882
Organisation der Werkstätten-Verwaltung, vom 12. April 1882. In: Amtsblatt der Königlichen Eisenbahndirektion in Elberfeld 1882.
Amtsbl. 1883
Nr. 236 „Übergabe der Verwaltung der HW Cassel an die KED Hannover“, vom 10. April 1883. In: Amtsblatt der Königlichen Eisenbahndirektion in Elberfeld 1883.
Anmerkungen
[1] Basis für den gesamten Artikel ist die Beschreibung des Werkstattwesens bei der Übernahme der BME durch die KED Elberfeld im Amtsblatt der Eisenbahndirektion [Amtsbl. 1882]
[2] Darüber hinaus gab es auch die sogenannten Nebenwerkstätten. Gegenüber den Hauptwerkstätten waren sie nennenswert kleiner und konnten daher gegebenenfalls nur für einen Teil der Aufgaben genutzt werden.