BME ca. 1858: Der Bhf Hagen an der Strecke Elberfeld – Hagen – Dortmund – Soest

Anhand des Gleisplanes von 1858 lässt sich bestätigen, dass sich Wilhelm Riefstahl bei der Erstellung der Vorlage für diese 1860 gedruckte Lithografie weitestgehend an die tatsächlichen Vorgaben gehalten hat. Dem Empfangsgebäude gegenüber und leicht nach links versetzt befand sich die Drehscheibe, an deren linken Ende sich ein hier nicht sichtbarer Lokomotivschuppen anschloss. Auf der rechten Seite ist der Wagenschuppen zu erkennen. Bei der Fabrik im rechten Vordergrund handelt es sich um das Walzwerk von Funke und Elbers. Hinter dem Bahnhofsgebäude stehen die Posthalterei und das Hotel Flüss. (Herkunft/Rechte: Stadtmuseum Hagen / Heike Wippermann (RR-R) / CC BY-SA 3.0 / [de.wikipedia.org])

Für Hagen hat das Eisenbahnzeitalter 1848 begonnen. Am 20. Dezember eröffnete die Bergisch-Märkische Eisenbahn ihre Stammstrecke von Elberfeld über Hagen und Witten nach Dortmund für den Güterverkehr. Der Personenverkehr folgte nur wenig später, am 9. März 1849.

 

Der Bahnhof in den späten 1850er Jahren

Das vorliegende Bild ist rund zehn Jahre später entstanden und gibt die Situation Ende der 1850er Jahre recht verlässlich wieder, wie sich anhand eines ebenfalls überlieferten Gleisplanes belegen lässt. Zu diesem Zeitpunkt hatte die BME bereits die ersten Expansionsschritte unternommen: Mit der Inbetriebnahme der Bahnlinie von Dortmund nach Soest (1855) und der Übernahme der Strecke Düsseldorf – Elberfeld von der Düsseldorf-Elberfelder Eisenbahn Gesellschaft (1857) war die BME nun im Besitz der 143 km langen Bahnlinie Düsseldorf – Soest und besaß somit eine Verbindung zwischen dem Rheinland und der Königlich-Westfälischen Eisenbahn bzw. dem Mitteldeutschen Eisenbahnnetz.

Mit dem Ausbau des Netzes wuchs auch der Bahnhof. Ursprünglich gab es in dem Bahnhof nur ein Ausweichgleis, ein Freiladegleis, ein Gleis am Güterschuppen, eine Drehscheibe und einen Lokschuppen.
Mittlerweile haben sich einige Industrieunternehmen in Bahnhofsnähe angesiedelt, die mit Anschlussgleisen erreicht wurden. Auch wurden das Freiladegleis und die Hauptgleise erheblich verlängert und ein Wagenschuppen errichtet. Insgesamt hatte der Bahnhof nun 22 Weichen. [Bertold 1892]

 

Quelle: Zeitschrift für Bauwesen Jg. 42 (1892). Berlin 1892, Blatt 23 und 24.

Der direkte Vergleich des – ausnahmsweise mal auf dem Kopf stehendem – Gleisplans mit dem Bild bestätigt, dass sich Wilhelm Riefstahl bei der Erstellung der Vorlage für diese 1860 gedruckte Lithografie weitestgehend an die tatsächlichen Vorgaben hielt. Dem Empfangsgebäude gegenüber und leicht nach links versetzt befand sich die Drehscheibe, an deren linken Ende sich ein hier nicht sichtbarer Lokomotivschuppen anschloss. Auf der rechten Seite ist der Wagenschuppen zu erkennen. Bei der Fabrik im rechten Vordergrund handelt es sich um das Walzwerk von Funke und Elbers. Hinter dem Bahnhofsgebäude stehen die Posthalterei und das Hotel Flüss.

In den Bahnhof ist gerade ein Personenzug aus Elberfeld zur Weiterfahrt in Richtung Dortmund/Soest eingelaufen. Bei der abgebildeten Lokomotive wird es sich wohl um eine der 1855-59 von Borsig für den Betrieb auf der Dortmund-Soester Eisenbahn gelieferten 1A1-Loks handeln. Nach [Menninghaus 1990, S. 133] wurden die Loks zwar auf dem Streckenabschnitt Dortmund – Soest eingesetzt, aber es ist durchaus denkbar, dass die eine oder andere Lok auch bis Hagen kam.

 

Herkunft/Rechte: Stadtmuseum Hagen / Heike Wippermann (RR-R) / CC BY-SA 3.0 / [de.wikipedia.org]

Die Lokomotive

Gezogen wird der Zug von einer Dampflok mit Innenrahmen. Der Zylinder ist waagerecht angeordnet und arbeitet auf eine große Treibachse. Nicht zu erkennen ist die vordere Laufachse, die hinter dem Zylinder liegen müsste. Die hintere Laufachse ist unter dem Feuerkasten angedeutet.
Die Kesselaufbauten sind von dem sehr hohen, schlanken Schlot, einen hohen Dampfdom und eine Vierseitkuppel als oberer Abschluss des Stehkessels geprägt. Diese bildliche Darstellung der Lok ist durchaus glaubwürdig. Als Vergleichsbild kann zum Beispiel die auf der nebenstehenden Postkarte von Borsig abgebildete Lokomotive „BORUSSIA“ dienen. Auch die auf der Rückseite der Ansichtskarte angegebenen technischen Daten stimmen weitestgehend mit denen der 1A1-Loks der BME überein. (Weitere Informationen zu diesem Bild finden Sie übrigens hier: Wohl kein Bild der BORUSSIA (Bors 1000/1858) der CME)

 

Und hier zum Vergleich noch ein Blick auf die technischen Daten der 1A1-Lokomotiven:

Weitere Fundstücke

… für alle, die den Menninghaus im Regal stehen haben und sich noch etwas tiefer in die Materie hineinstürzen möchten: Auf Seite 48 ist das Bild eines Personenzuges in Soest abgedruckt. Auch hier ist eine 1A1-Maschine die Zuglok. Allerdings ist auf dem Bild klar erkennbar, dass die hintere Laufachse hier vor dem Stehkessel, eng beim Treibrad angeordnet ist. Die Bildunterschrift behauptet, dass es sich um eine zur Eröffnung der Bahn angeschaffte Borsigsche 1A1-Maschine handeln würde. Hier würde ich gerne ein Fragezeichen machen. Laut dem Geschäftsbericht der BME besaßen alle 1A1-Loks der BME incl. der von der Aachen-Düsseldorf-Ruhrorter Eisenbahn übernommen Maschinen einen Achsstand von 4,3 m. Bei der hier gezeigten Variante, der vor der Feucherbüchse angeordneten Laufachse ist dieser Achsstand nicht zu erreichen, er dürfte eher in der Größenordnung von 3,2 Meter gelegen haben – dem doppelten Treibraddurchmesser.
Stellt sich aber die Frage, was für eine Lok dann hier abgebildet ist? – Vielleicht handelt es sich um eine Lok der Westfälischen Eisenbahn, deren Strecke Hamm – Paderborn ja auch den Soester Bahnhof passierte? Aber der Lokbestand ist mir bisher nicht näher bekannt und Vergleichsbilder sind verständlicherweise doch sehr rar…

 

Was uns das Bild noch verrät: Ein Gedanke zur Farbgebung der Lok

Viele Details bestätigen, dass das Bild nah an der Realität gemalt wurde. Dann kann es aber auch ein erster Hinweis auf die Farbgebung der Dampfloks der BME sein: Demnach wären die Lokomotiven in einem dunklen bis schwarzen Farbton gestrichen gewesen. Die Achsen waren rot und Zylinder, Dampfdom und die Haube des Feuerkastens waren golden bzw. messingfarben.

 

Zum Bild

Die Vorlage zu dieser Lithographie hat Wilhelm Riefstahl ca. 1858 erstellt. Veröffentlicht wurde das Bild dann 1860 in der von Levin Schücking herausgegebenen Sammlung „Bilder aus Westphalen“. Die Vorlage für diesen Scan hat das Stadtmuseum Hagen / Heike Wippermann (RR-R) im Internet unter der Nutzerlizenz „RR-R“ bereitgestellt.
[nat.museum-digital.de]

 

Literatur

Dieser Beitrag ist mit dezenten, hilfreichen Hinweisen vom dso-HiForisten „vauhundert“ entstanden. – Besten Dank!

BME 1873
Bergisch-Märkische Eisenbahn (Hrsg.): Jahres-Bericht über die Verwaltung der Bergisch-Märkischen Eisenbahn für das Geschäftsjahr 1873. Elberfeld : Sam. Lucas, 1873

Berthold 1890
Berthold: Die Entwicklung des Bahnhofs Hagen i.W. In: Zeitschrift für Bauwesen, Jg. 42 (1892). Berlin 1892, Spalte 39-48

Menninghaus 1990
Menninghaus, Werner; Krause, Günter; van Kampen, Manfred : Bergisch-Märkische Eisenbahn (1843–1881) : Ausbesserungswerk Witten Lübbecke : Uhle und Kleimann, 1991.

ZfB Atlas 1892
Ministerium der öffentlichen Arbeiten (Hrsg.): Atlas zur Zeitschrift für Bauwesen, Jg. 42 (1892). Berlin 1892, Blatt 23 und 24.

 

Versionsgeschichte

07.11.2020  –  Erstveröffentlichung
22.11.2020  –  Korrektur: Die Abbildung der Vergleichspostkarte zeigt wahrscheinlich nicht die Lok BORUSSIA der CME, sondern einer anderen Bahngesellschaft.

 

Weitere Tags

Strecke: Elberfeld – Hagen – Witten – Dortmund

Zeit: 1850-1859

Baureihe: Menninghaus 2.1