Die Werkbahn im neuen Bayer-Werk in Leverkusen (1904)

Für den internen Werksverkehr verlegte Bayer im neuen Werk in Leverkusen ein Schmalspurnetz von über 30 km Länge, auf dem unter anderem 15 Bn2t-Kastenloks von Hohenzollern eingesetzt wurden.

Im Jahr 1900 haben die Elberfelder Farbenfabriken vorm. Friedrich Bayer & Co. Einen Großteil ihrer Werkstätten von ihrem Stammsitz in Elberfeld nach Wiesdorf verlegt und dort ein neues großes Werk aufgebaut. In der Zeitschrift des Vereins Deutscher Ingenieure von 1904 findet sich ein recht ausführlicher Artikel zu den vorhandenen Maschineneinrichtungen des neuen Werkes, aus dem ich hier die Eisenbahn-relevanten Teile zitiere.

 

Die Maschineneinrichtung des neuen Werkes Leverkusen der Farbenfabriken vorm. Bayer & Co. in Elberfeld

Von Fr. Frölich, Ingenieur, Berlin.

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Die Lage des neuen Werkes zeigt Fig.1; es liegt am Rhein etwa 10 km unterhalb Kölns und bedeckt ein Gebiet von rd. 205 ha, auf dem außer der Fabrikanlage auch Arbeiter- und Beamtenwohnhäuser errichtet sind. Obwohl die Eisenbahn unmittelbar am Fabrikgrundstück vorbeiführt, mußte doch von einem Anschluß abgesehen werden, da die Eisenbahndirektion wegen des zu großen Verkehrs auf dieser Bahnstrecke die Genehmigung hierzu versagte; infolgedessen mußte eine normalspurige Kleinbahn nach Mülheim gebaut werden, deren Kosten im Betrage von 1 Million Mark den Farbenfabriken zur Last fielen. Diese Bahn ist bis an das Fabrikgrundstück herangeführt und endigt dort in einem Personenbahnhof; etwas weiter zurück liegt ein Güterbahnhof, der für einen täglichen Umschlag von 200 Wagen ausreicht. Die Bahn wird von zahlreichen Arbeitern und Beamten benutzt, die in Mülheim oder in den an der Bahnstrecke gelegenen Ortschaften wohnen; außerdem befördert ein Dampfer die Arbeiter aus den rheinabwärts liegenden Ortschaften zur Fabrik.

 

Eine Werbepostkarte der „Farbenfabriken vorm. Friedr. Bayer & Co Leverkusen/Rh.“ aus meinem Fundus. Leider musste ich die sehr dunkle Karte stark aufhellen. Abgebildet ist der Güterbahnhof. Am linken Bildrand ist einer der typischen Bayer-Trams von Hohenzollern zu sehen.

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Dem großen Umschlagverkehr des Bahnhofes entspricht ein noch größerer Wagenverkehr im inneren Betriebe des Werkes. Um die Wagen möglichst schnell aus einem Gebäude in das andere zu befördern, ist davon abgesehen worden, die vollspurige Bahn in das Werk hineinzuführen, da alsdann Drehscheiben in großer Zahl erforderlich gewesen wären, deren Betrieb erhebliche Zeitverluste bedingt hätte. Das Werk ist von einem vorläufig 30 km langen Netz von Schmalspurgleisen von 1m Spurweite durchzogen, Fig.3; auf diesem werden Vollspurwagen mit Hülfe von Rollböcken, die mittels Kuppelstangen zu Zügen zusammengestellt sind, mit einer Geschwindigkeit von 170 m/min befördert. Der kleinste Krümmungshalbmesser des Netzes beträgt 15 m, und diesem Halbmesser entsprechend haben die das Werk in zwei zueinander rechtwinkligen Richtungen durchkreuzenden Straßen 30 oder 15 m Breite erhalten; dadurch ist erreicht, dass die Kurven sämtlich außerhalb der Gebäude liegen.

 

 

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Um die Vollspurwagen auf die Rollböcke zu bringen, ist auf dem Güterbahnhof eine Grube (c, Fig.3) von 500 mm Tiefe ausgehoben, in die der zusammengestellte Zug von Rollböcken auf einer geneigten Ebene verschoben wird; die Vollspurwagen werden dann von der Lokomotive daraufgedrückt, Fig.5. Zu diesem Zwecke werden die Rollböcke an einandergeschoben, der erste Wagen über sämtliche Böcke bis zum ersten gefahren – hierzu dient ein elektrisches Spill -, hier befestigt, darauf der Rollbock soweit vorgezogen, dass die Zugstange z, Fig. 7, eingesetzt werden kann, dann der folgende Rollbock mit einem Wagen besetzt, u.s.f. Fig 6. und 7 zeigen die Anordnung der Rollbockgrube und einen Zug auf Rollböcken nebst Schmalspurlokomotive.

 

 

 

Diese Lokomotiven sind von der Maschinenfabrik Hohenzollern in Düsseldorf-Grafenberg geliefert und haben 19 t Dienstgewicht; im ganzen sind 8 Stück vorhanden, während für den Betrieb der Kleinbahn nach Mülheim drei normalspurige Lokomotiven derselben Fabrik dienen.

Außerdem ist eine elektrische Akkumulatoren-Lokomotive vorhanden. Die Rollböcke sind von van der Zypen & Charlier in Köln-Deutz geliefert.


Soweit der Ausschnitt aus dem Artikel in den VDI-Nachrichten. Den Abschluss bildet jetzt noch ein Ausschnitt aus dem ersten Bild mit einer Detailaufnahme der Tram-Lok.

 

 

Literatur

Frölich 1904
Frölich, Fr.: Die Maschineneinrichtung des neuen Werkes Leverkusen der Farbenfabriken vorm. Bayer & Co. in Elberfeld. In: Zeitschrift des Vereins Deutscher Ingenieure. 1904 (Band 48), Nr. 1, S. 1-9.